Die Sache mit der Wohlfühlzone
Ihr kennt das, diese ach so inspirierenden Zitate und Bildchen, die im Internet rumschwirren und euch versprechen, dass euer Leben ganz großartig wird, wenn ihr nur endlich mal den Arsch hochbekommt. Dass es erst dann ein „richtiges“ Leben ist, wenn ihr aus eurer Wohlfühlzone ausbrecht und euch in ein Abenteuer nach dem anderen stürzt. Vielleicht habt ihr auch Freunde, Eltern, Bekannte, die euch immer wieder sagen, dass ihr das und das tun sollt, damit euer Leben so und so wird.
Und ja, ab und an mal aus der Wohlfühlzone ausbrechen, hat noch keinem geschadet. (Sag ich jetzt einfach mal so. Ob das wirklich stimmt, weiß ich ja gar nicht, ich kenn doch gar nicht alle Menschen auf dieser Welt, die je aus ihrer Wohlfühlzone ausgebrochen sind und vielleicht hat es ja einem doch mal geschadet). Was ich weiß, ist, dass es für mich gut ist, immer wieder auszubrechen, Dinge zu tun, die ich noch nie gemacht habe und dabei auch mal auf die Schnauze fliegen. Ich brauch das. Weil ich mich sonst furchtbar langweile auf Dauer.
Ich so in Bagan, Myanmar, total glücklich über unser Zimmer. Mit Strom. Fast immer.
Ich brauch aber auch mein Zuhause, Zeit für mich alleine. Zeit auf dem Sofa, mit guten Freunden, Frühstücken in immer wieder demselben Kaffee, Routine, Alltag. Tage, an denen ich den Schlafanzug nicht ausziehe. Wohlfühlzone.
Und ich brauche das Reisen, sonst werd ich hibbelig und bekomme furchtbar schlechte Laune. Aber auf Reisen fühle ich mich auch wohl, es geht mir gut dabei und nach zwei, drei Tagen bekomme ich immer dieses „Wie auf Wolken“-Gefühl, das ich aber auch manchmal genauso bei mir daheim aufm Sofa hab. Wohlfühlzone.
Ich brauche also: Daheim sein, unterwegs sein und ab und an mal was Neues machen. Dann geht es mir gut und ich bin happy. Und wenn ich glücklich bin, dann ist doch alles gut. Weil darauf kommt es doch letztendlich an.
Ich könnte euch jetzt sagen: Macht das genauso wie ich, weil ich hab das Allheilmittel gefunden, wie man glücklich wird. Aber die Sache ist doch die, ich hab das gefunden, ja, aber halt für mich. Nur weil das für mich funktioniert, heißt das noch lange nicht, dass es auch für euch so funktionieren würde.
Wandern in der Mongolei war zum Beispiel erst ganz weit außerhalb meiner Wohlfühlzone und nach ein paar Tagen dann mittendrin.
Vielleicht fühlt ihr euch ja unwohl, wenn ihr eure Wohlfühlzone verlasst und auch wenn ihre neue, aufregende Dinge tut, gibt euch das noch lange nicht das Gefühl, nachher glücklicher zu sein. Dann lasst es. Nur weil andere das tun, müsst ihr es nicht auch tun. Vielleicht findet ihr es auch total albern ganze Tage im Schlafanzug abzuhängen und mit keiner Menschenseele reden zu wollen. Ich finde das toll. Und könnte jetzt sagen: DAS IST DAS BESTE ÜBERHAUPT. Isses, aber halt nur für mich (Auf Reisen mach ich das im übrigen auch sehr gerne mal…). Und deshalb stresst mich das manchmal, wenn ich so ach so inspirierende Zitate oder Bildchen sehe, oder andere Menschen meinen mir sagen zu müssen, wie ich mein Leben zu leben habe (und ich muss gestehen, dass ich das ja manchmal auch mache (vor allem auf meiner Facebook Seite), aber weil ich es halt für mich grad so richtig fand, wenn ihr das kacke findet, dann sagt das ruhig). Aber dann gerade, wenn ich es mir in meiner Wohlfühlzone gemütlich gemacht habe, ganz eins bin mit mir und meiner Welt, egal wo ich gerade bin, und dann ploppt da auf einmal ein „MACH WAS – ERLEB WAS – GEH AN DEINE GRENZEN“-Bildchen auf, dann denk ich: ach halt doch die Klappe. Und meine Wohlfühlzone nickt dazu im Takt.
Es ist mir völlig wurscht, wie andere ihr Leben leben. Und wenn ich das Bedürfnis habe in einem neuen Land mich erstmal zwei Stunden in mein Hotelzimmer zu legen und zu schlafen bevor ich mich in das Getümmel stürze, weil mir das sonst zu viel ist, dann mach ich das so. Und wenn ich keine Lust auf Abenteuer und neue Welten habe und lieber daheim in Berlin aufm Sofa sitze und mir Serien anschaue, dann mach ich das so. Und das ist auch gut so. Ich liebe meine Wohlfühlzone. Solange, bis ich keine Lust mehr darauf habe und meine innere Stimme mir in den Arsch tritt, dann geht es für mich wieder raus in die weite Welt und vielleicht steige ich sogar nochmal auf ein Kamel, nur um zu schauen, ob ich vielleicht doch nicht gleich wieder runterfalle. Vielleicht aber auch nicht.
Kamele machen mich ja eher nich so glücklich. Zumindest, wenn ich auf ihnen reiten soll.
Die Sache ist die, und leider ist das nicht immer einfach und ja, manchmal müsst ihr dafür eure Wohlfühlzone verlassen: ihr müsst das ganz alleine herausfinden, was euch glücklich macht. Andere können euch vielleicht inspirieren oder euch in den Arsch treten, wenn ihr das braucht. Wenn euch aber der Gedanke daran stresst, auf einmal alles anders zu machen, und ihr mit eurem Leben, so wie es ist, glücklich seid, dann ist das gut so. Wenn euch aber der Gedanke daran stresst, dass alles so bleibt wie es ist, und ihr nicht glücklich seid, dann müsst ihr was ändern. Weil, es ist letztendlich euer Leben.
Ihr müsst entscheiden, ob euer Leben ein großes Abenteuer, ein riesen Spaß oder eine gemütliche Bootsfahrt sein soll. Und egal für was ihr euch entscheidet. Es ist gut so. Wirklich. Ihr braucht kein schlechtes Gewissen haben, wenn ihr keinen 9 to 5 Job haben wollt und genauso braucht ihr kein schlechtes Gewissen haben, wenn ihr genau so einen haben wollt. Nur weil andere, andere Leben leben und euch predigen, dass das das ultimative ist, braucht ihr euch noch lange nicht danach zu richten. Lasst die ruhig machen, und ihr macht euer eigenes Ding.
Seid einfach so wie ihr seid und seid glücklich. Und wenn ihr nicht glücklich damit seid, dann ändert was daran. So einfach ist das.
Credit: Blog.H34
Oder, wie Joss Whedon sagen würde:
„Absolutely eat dessert first. The thing that you want to do the most, do that.“
In diesem Sinne: Grüße von meiner allerliebsten Wohlfühlzone. Meinem Sofa.